Kommentar zu 'Ich bin müde :('
Kommentar zu Ich bin müde :(
  • Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Mein Leben liest sich wie ein Buch, dessen Autor ein wirklich seltsamer Mensch sein muss. Zu mir: Ich bin Sebastian, 36 Jahre und wohne in Bayern. Ich leide seit 1996 an Neurofibromatose. Aufgrund einer Fehlbildung entwickeln sich gutartige Tumore an der Haut, im Nervengewebe oder im Gehirn. Bei mir leider im gesamten Nervensystem, Gehirn und im Gehirnstamm. 96 wurde bereits der Hörnerv wärmend einer OP durchtrennt, weshalb ich links taub bin. Trotz des Handicaps ging ich mein Weg und habe eine Ausbildung im Rettungsdienst gemacht. Dies hauptsächlich, weil ich 1992 meinen Papa tot im Bett vorgefunden habe. Er hatte eine Leberzirrhose. Es war alles voller Blut. Und ich konnte nicht helfen. Für einen damals 9-jährigen ein hartes Stück Brot. Bis 2006 lebte ich irgendwie mein Leben, die Krankheit war da, ich hatte aber die Überhand. Dann wurden ein paar neue Tumore gefunden, die sich allesamt an bzw. in der kompletten Wirbelsäule angesetzt haben. Irgendetwas um die 40. Leider schränkte das zunehmend die Feinmotorik beider Hände ein, weshalb ich 2010 keinen Rettungsdienst mehr fahren konnte. Glücklicherweise habe ich schnell einen wirklich tollten Job gefunden. Ich liebe (liebte) den! Meinen Chef kenne ich seit 1999 und uns verbindet mehr Freundschaft als ein Chef-Angestellten-Verhältnis. Kleiner Betrieb, dennoch tolle Menschen und eine leitende Position habe ich auch noch. Trotzdem wurde es in den Jahren immer schwerer, weswegen ich zwischenzeitlich zu 100% körperbehindert bin und unter starken Schmerzen leide und als Sahnehäubchen ein Grauer Star auf beiden Augen gefunden wurde. Mein Tag ist bestückt mit ~600-1000mg Tramadol, Tilidin, Talvosilen sowie Zolpidem. Trotzdem kämpfte ich mich irgendwie durch, lebte, arbeitete und habe 2017 zufällig eine wirklich tolle Frau kennengelernt. Sie ist das BESTE was mir je passiert ist und ich empfand liebe wie vorher noch nie für etwas anderes. Sie stand zu 101% hinter mir und lebte mit meiner Krankheit genauso wie ich. Bis letzten Dienstag... Wir waren im Krankenhaus um aktuelle MRT Bilder zu besprechen. Leider sind die zwei Tumore am Hirnstamm "instabil" und die Ärzte raten von einer OP ab. "Lassen Sie das Auge machen und genießen die Zeit!" Wenn er in der Geschwindigkeit weiter wächst, mache ich die 40 nicht voll - uff. Zuhause brach meine Freundin in Tränen aus und meinte, sie könne nicht mehr. Sie habe keine Kraft mehr. Ich solle sie bitte nicht verstoßen. Sie liebe mich über alles, aber ihr fehlt die Kraft diese Beziehung fortzuführen. Sie lag in meinen Armen und weinte eine Stunde, bis ich dann beschlossen habe zu mir nach Hause zu fahren, damit sie sich beruhigen kann. Wir schreiben momentan auch über Whatsapp. Sie sagte, sie hatte Angst ich würde mich nicht mehr melden und sie deswegen verstoßen. Das kann ich aber nicht. Sie ist und bleibt in meinem Herzen und daran wird sich nichts ändern. Am Dienstag brach mein Leben zusammen. Ich kann ohne Zolpidem nicht mal mehr 2 Stunden schlafen, ich schließe die Augen und sehe sie, habe Alpträume und weine eigentlich durchgehend. Ich fühle mich leer und einfach müde. Ich *** krieche durch sämtliche Foren für Suizid und lese stundenlang irgendwelche Berichte darüber. Es ist ein richtiger Kampf gegen meinen inneren Schweinehund! Ich spüre das Verlangen nach "Freiheit". Wofür soll ich kämpfen? Für Schmerzen? Für einen sicheren Tod, der kommen wird?! Es kann keiner verstehen, wenn er nicht selbst in einer solchen Situation war. Es ist nicht nur der Liebeskummer, es ist das Gesamtpaket. Spricht man es laut aus, wird man als Psychopat stigmatisiert und gerät auf ein sozial-gesellschaftliches Nebengleis. Ich bin einfach müde!