Kommentar zu 'Selbstgespräche'
Kommentar zu Selbstgespräche
  • Ein fiktives Gespräch (zukünftiges Ich und aktuelles Ich), dass die Eigentümlichkeit des Suizidwunsches in Verbindung mit Hoffnung zum Ausdruck bringt und ein wenig zum Nachdenken anregt:

    Z-Ich:       Das haette ich nicht zu traeumen gewagt, dass das Leben
                    so grossartig sein kann. Bitte bring dich nicht um.
                    Wenn du es nicht tust, wirst du wie ich fuehlen.
                    Ich verspreche dir, es ist phantastisch."
       Ich:        "Naja, du hast leicht reden. Du hast die ganze Scheisse
                    weit hinter dir. Was kuemmert es dich schon, was ich
                    alles durchmachen muss, bevor ich so werde wie du.
                    Du bist am Ende der Durststrecke, die *Ich* aber erst
                    noch durchleiden muesste. Warum sollte ich das denn bitte
                    fuer dich tun ?"
       Z-Ich:      "Aber ich *bin* du."
       Ich:        "Nein, bist du nicht. Du bist mein zukuenftiges Ich."
       Z-Ich:      "Aber du koenntest bald so werden wie ich..."
       Ich:        "Ist es denn das Leiden wert, das ich ertragen muss,
                    bevor ich dich werde ?"
       Z-Ich:      "Es wird nicht lange dauern und dann wirst du nicht mehr
                    leiden, versprochen. Ich erinnere mich noch gut
                    daran, wie ich du war. Der abrupte Wechsel hat mich
                    ueberrascht. Ich bin froh am Leben zu sein, damit ich
                    dir das sagen kann."
       Ich:        "Das ist sehr ruehrend, aber kann ich dir auch glauben ?
                    Du kuemmerst dich doch einen Scheiss um meine Gefuehle.
                    Alles was dich interessiert, ist doch dass du in deinem
                    gluecklichen Zustand weiterexistieren kannst. Du weisst ganz
                    genau, wenn ich mich umbringe, wirst du auch verschwinden.
                    Was kuemmerst du dich darum, wie es mir geht bevor ich du
                    geworden bin ? Das hast du doch schon laengst hinter
                    dir ?"
       Z-Ich:      "Mann, Ich mach mir halt Sorgen ! Wir koennen uns ja
                    gemeinsam durch den Schlammassel kaempfen !"
       Ich:        "Es gibt kein 'gemeinsam' bei uns beiden, wir sind
                    praktisch Rivalen. Obwohl wir einige gemeinsame Ziele
                    verfolgen, konkurrieren wir um Ressourcen. Vermutlich
                    erwartest du von mir, dass ich sparsamer lebe, Sport
                    treibe und eine Diaet mache bis ich dich werde. Und
                    obwohl wir beide davon profitieren wuerden, bin doch ich
                    allein es, der dafuer bezahlt."
       Z-Ich:      "Wie nun, wirst du also durchhalten ?"
       Ich:        "Moeglicherweise. Es ist meine Entscheidung."
       Z-Ich:      "Andernfalls ist es Mord. Du wirst mich dann toeten."
       Ich:        "Nein, ich werde *mich* toeten ! *Du* bist dann niemals
                    gewesen."
       Z-Ich:      "Aber das *ist* Mord. Du toetest eine andere Person.
                    Du hast ja selbst gesagt, dass wir nicht ein und
                    derselbe sind."
       Ich:        "Wie kann ich jemanden ermorden, der niemals lebte ?
                    Wie kannst du irgendwelche Rechte beanspruchen, der du
                    niemals gelebt hast ?
                    Abgesehen davon, ich bin derjenige, der jetzt am
                    Druecker ist und ich werde entscheiden, was mit mir
                    geschieht. So laeuft's im Leben."
       Z-Ich:      "Aber das ist Diskriminierung der zukuenftigen Menschheit!"
       Ich:        "Ja, das ist es...
                    Mir ist schon klar, dass das traurig ist...
                    Ich habe aber keine Loesung fuer dich...
                    Bitte weine nicht...
                    Hast du schon mal ueber Selbstmord nachgedacht ?"
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